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Projektbezogene Partizipation

Projektbezogene Partizipation! Was sind Vorteile, was sind Nachteile und wie können Nachteile ausgeglichen werden?

Projektbezogene Partizipation ist für die meisten Kommunen, mit denen ich zusammenarbeite, ein guter Einstieg in die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen. Bei konkreten Themen und Projekten wissen sie, wie sie Kinder und Jugendliche ansprechen können und sehen Erfolge. Wenn die Kommunen gute Erfahrungen mit der projektbezogenen Beteiligung gemacht haben, entsteht häufig der Wunsch nach einer verlässlichen Form der Kinder- und Jugendbeteiligung. Einige versuchen ein Jugendgremium zu etablieren, andere erarbeiten eine strukturelle Verankerung von projektbezogener Kinder- und Jugendbeteiligung.

Was sind die Vorteile von projektbezogener Partizipation?

Um die Vor- und Nachteile der projektbezogenen Beteiligung aufzuzeigen, definiere ich diese zuerst.

Was ist projektbezogene Beteiligung überhaupt?

Orientiert am Projektbegriff, handelt es sich bei der projektbezogenen Kinder- und Jugendbeteiligung um zeitlich und thematisch begrenzte Beteiligung. In dem Beteiligungsverfahren geht es um ein konkretes Thema oder ein konkretes Projekt. Wenn das Thema beziehungsweise das Projekt abgeschlossen ist, ist auch die Beteiligung beendet. Auch die personellen, finanziellen und zeitlichen Ressourcen der Erwachsenen, die das Beteiligungsverfahren begleiten, sind begrenzt. Für das nächste Projekt oder Thema wird ein neues Beteiligungsverfahren begonnen und die Ressourcen sind neu zur Verfügung zu stellen oder neu zu beantragen.

Eine weitere Form der Beteiligung ist die institutionalisierte Kinder- und Jugendbeteiligung. Sie orientiert sich häufig an den Formaten der Erwachsenen-Politik. Sie ist auf Dauer angelegt, unabhängig von Themen und Projekten und bedarf in den meisten Fällen einer Legitimation. Es wird ein Gremium gebildet, welches sich regelmäßig trifft und aktuelle Themen und Projekte berät. Die Ressourcen der begleitenden Erwachsenen sollten dauerhaft zur Verfügung stehen.

Eine Alternative zur institutionalisierten Beteiligung ist die verlässliche, strukturelle Verankerung der projektbezogenen Kinder- und Jugendbeteiligung in Politik und Verwaltung. In vielen Kommunen, mit denen ich zusammen arbeite, werden alle Formen der Kinder- und Jugendbeteiligung so miteinander kombiniert, dass die Beteiligungsstruktur optimal zu den Rahmenbedingungen vor Ort passt.

Nachdem wir uns die unterschiedlichen Formen der Kinder- und Jugendbeteiligung angeschaut haben, kommen wir nun zu den Vorteilen, die für alle Formen der Kinder- und Jugendbeteiligung gleichermaßen gelten:

  • Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Beteiligung bei allen sie betreffenden Belangen.
  • Kinder und Jugendliche machen direkte, demokratische Erfahrungen.
  • Kinder und Jugendliche sehen die Auswirkungen von ihrem Engagement, sie können die Auswirkungen nachvollziehen und sich damit identifizieren.
  • Kinder und Jugendliche werden als Expert*innen für ihr eigenes Leben ernst genommen.
  • Beteiligung von Kindern und Jugendlichen regt zum Dialog der Generationen an und belebt das Gemeinwesen.
  • Kinder- und Jugendbeteiligung hilft, Konflikte zu verringern und trägt zu mehr Lebensqualität im Gemeinwesen bei.
  • Kinder- und Jugendbeteiligung stärkt die personalen Ressourcen von Kindern und Jugendlichen aus sozial benachteiligten Familien und kann ein Weg aus der Armutsfalle sein.
  • Beteiligung von Kindern und Jugendlichen regt Politik durch neue Formen an und lässt Verwaltung bürgerfreundlicher agieren.

Die oben aufgeführten Punkte betreffen Kinder- und Jugendbeteiligung, unabhängig von der Form.  Einschränkend ist zu sagen, dass die Vorteile nur sichtbar werden, wenn die Kinder- und Jugendbeteiligung wirklich ernst gemeint ist und keine Eintagsfliege bleibt.

Nun schaue ich auf die Vorteile, die ich nur bei der projektbezogenen Beteiligung von Kindern und Jugendlichen sehe.

Es betrifft die aktuellen Themen der Kinder und Jugendlichen

Die Tatsache, dass es um ein ganz konkretes und aktuelles Thema der Jugendlichen geht, bietet sowohl für die Jugendlichen als auch für die Erwachsenen Vorteile. In der Einleitung habe ich schon geschrieben, dass die Erwachsenen bei einzelnen Projekten oder Themen besser wissen, wie sie Kinder und Jugendliche ansprechen sollen. Wie sie diese erreichen und motivieren können.

Für die Jugendlichen ist es ebenso ein Vorteil, wenn es um ein konkretes und möglichst aktuelles Thema geht. Sei es die Umgestaltung einer Spiel- oder Freifläche, sei es die Ausgestaltung der Angebote im Jugendzentrum oder auch das gemeinsame Erarbeiten von Regeln im Kindergarten. Sie fühlen sich dann direkter angesprochen und bleiben auch über mehrere Termine an dem Thema dran.

Durch projektbezogene Beteiligung wird eine zielgruppengerechte Planung durchgeführt

Nehmen wir das Beispiel der Umgestaltung eines Jugendplatzes. Ein sehr konkretes Thema der Jugendlichen, das häufig von Jugendlichen ausgehend in der Verwaltung bearbeitet wird. Erstellt die Kommune den Plan für den Jugendplatz ohne die Beteiligung der späteren Nutzer, führt das häufig dazu, dass in den Augen der Erwachsenen ein ganz toller Platz entsteht, die Jugendlichen selber ihn aber kaum nutzen. Jugendliche haben einen ganz anderen Blick auf ihre Freizeitgestaltung, ihre Wünsche und Bedürfnisse, ihnen fallen andere Dinge auf, die verbessert oder ausgetauscht werden müssen oder Dinge, die komplett fehlen und somit ergänzt werden sollten. Nur unter Beteiligung der Kinder und Jugendlichen, also der späteren Nutzer des Jugendplatzes gelingt es einen Platz zu gestalten, der von den Jugendlichen genutzt wird und mit dem sie sich identifizieren. er wird zu „Ihrem“ Platz.

Dieses Beispiel lässt sich beliebig auf andere Themen übertragen: Angebote im Jugendzentrum, Regeln im Kindergarten …

Der Aufwand ist überschaubar

Sowohl für die Kinder und Jugendlichen als auch für die begleitenden Erwachsenen geht es nur um einen begrenzten Zeitrahmen und ein klar definiertes Thema. Somit ist von vornherein klar, welche finanziellen und personellen Ressourcen eingesetzt werden müssen, wie lange das Beteiligungsverfahren dauert, wie viel Zeit die Kinder und Jugendlichen und die Erwachsenen investieren müssen.

Was sind die Nachteile projektbezogener Beteiligung?

Wie schon oben bei den Vorteilen aufgefallen, ist es gar nicht so einfach Vor- und Nachteile klar zuzuordnen, den was für die Jugendlichen ein Vorteil ist, muss für die Mitarbeitenden der Kommunalverwaltung nicht unbedingt ein Vorteil sein. Es kann sogar zu einem Nachteil werden.

Beteiligung findet nicht verlässlich statt

In vielen Kommunen, mit denen ich die Zusammenarbeit starte, erlebe ich, dass die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen eher zufällig stattfindet. Ob zu einem bestimmten Thema ein Beteiligungsverfahren durchgeführt wird oder nicht, ist vom Goodwill der Erwachsenen abhängig. Wenn gerade niemand zeitliche Ressourcen zur Verfügung hat, dann wird die Beteiligung gestrichen. Zudem gibt es häufig für Kinder und Jugendlichen und Erwachsenen keine*n feste*n Ansprechpartner*in, der*die für die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen zuständig ist. Häufig ist es von einzelnen, engagierten Personen abhängig, ob Beteiligung stattfindet.

Diese fehlende Verlässlichkeit in der Kinder- und Jugendbeteiligung ist ein Nachteil, sowohl aus Sicht der Erwachsenen, als auch aus Sicht der Kinder und Jugendlichen. Denn in beiden Gruppen dreht sich Beteiligung häufig um einzelne, engagierte Personen, und die festen Ansprechpersonen fehlen aus Sicht der Erwachsenen, bei den Kindern und Jugendlichen und aus Sicht der Kinder und Jugendlichen, bei den Erwachsenen.

Kinder und Jugendlichen werden nur bei einzelnen Themen beteiligt

Neben den fehlenden Ansprechpersonen ist auch die Unklarheit über die Themen der Beteiligung ein Nachteil der projektbezogenen Beteiligung. und zwar bei den Erwachsenen und den Kindern und Jugendlichen gleichermaßen. Kinder- und Jugendbeteiligung wird nicht als Querschnittsaufgabe durch alle Bereiche der Verwaltung aufgefasst. Erwachsene sowie Kinder und Jugendliche sind unsicher, bei welchen Themen und Projekten sie beteiligt werden, beziehungsweise beteiligen sollen.

Oft werden Themen oder Projekte zufällig ausgewählt, entweder ein Thema steht gerade bei den Erwachsenen auf der Agenda oder Kinder und Jugendlichen kommen mit einem eigenen Thema zu den Erwachsenen. Ob diese Themen und Projekte dann wirklich unter Beteiligung von Kindern und Jugendlichen bearbeitet und entschieden werden, hängt wieder von den oben beschriebenen engagierten Personen ab, die dranbleiben und sich einmischen.

Wie können Nachteile der projektbezogenen Beteiligung ausgeglichen werden?

Im bisherigen Text wird deutlich, dass es häufig fehlende Strukturen und Verantwortlichkeiten sind, die zu den Nachteilen der projektbezogenen Kinder- und Jugendbeteiligung führen. Um die Verantwortlichkeit der Erwachsenen noch deutlicher zu zeigen, zitiere ich Artikel 3, Absatz 1 und Artikel 12, Absatz 1 der UN-Kinderrechtskonvention. Sie ist seit über 30 Jahren geltendes Recht in Deutschland, und zwar auf Ebene der Bundesgesetze und somit in jeder Kommune umzusetzen.

„Artikel 3: Wohl des Kindes
(1) Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleich viel ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen getroffen werden, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.“

„Artikel 12: Berücksichtigung des Kindeswillens
(1) Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine eigene Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äußern, und berücksichtigen die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife.“

Verbindliche Beteiligungsstrukturen schaffen

Jede Kommune ist zur Umsetzung der oben genannten Artikel verpflichtet, doch häufig wissen die verantwortlichen Erwachsene nichts davon. Weder kennen sie die existierenden Gesetzte noch wissen sie, wie sie diese umsetzten sollen.

Wenn ich mit Kommunen zusammenarbeite, erlebe ich immer wieder, dass unter der Schaffung verbindlicher Strukturen die Gründung eines Gremiums verstanden wird. Das ist meiner Meinung nach nur eine Möglichkeit, um für verbindliche Strukturen zu sorgen. Bei diesem Prozess geht es um viel mehr. Erwachsene müssen sich darauf einlassen, über alle Themen zu diskutieren, sich für die Meinungen und Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen öffnen und in einem moderierten Prozess gemeinsam aushandeln, welche Strukturen vor Ort die passenden sind.

Es geht darum, genau festzulegen, bei welchem Thema in welcher Form Kinder und Jugendliche beteiligt werden und über diese Schritte Verfahrensvorschriften zu erlassen. Dabei ist es ein legitimer Vorgang, mit einigen Themen anzufangen, um die Umsetzung zu üben. Denn schließlich müssen sich sowohl die Erwachsenen als auch die Kinder und Jugendlichen erst an das neue Vorgehen gewöhnen. Beteiligungsstrukturen sind nicht statisch, sie wachsen, verändern sich und entwickeln sich weiter, so wie jede Kommune und ihre Bewohner sich verändern.

Klare Zuständigkeiten benennen

Zu der Ausformulierung der Beteiligungsstrukturen gehört es für mich auch, feste Zuständigkeiten zu benennen. Dabei ist zu beachten, dass Kinder- und Jugendbeteiligung eine Querschnittsaufgabe für alle Bereiche der Kommunalverwaltung ist. Je nach Größe der Kommune sollten also auch in jeder Abteilung Ansprechpersonen festgelegt werden. Ebenso ist eine zentrale Ansprechperson hilfreich, die möglichst hoch in der Verwaltungsstruktur angegliedert sein sollte. Die Zusammenarbeit und Kommunikation der Ansprechpersonen mit allen Abteilungen ist entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung der Beteiligungsstrategie.

Nun komme ich zurück auf das Beteiligungsgremium, das eine Möglichkeit ist, feste Ansprechpersonen unter den Kindern und Jugendlichen zu benennen. Hier gibt es so viele unterschiedliche Formen und Möglichkeiten, entscheidend ist jedoch die Einbindung des Gremiums in die Arbeit der Kommunalverwaltung und -politik. Ebenso ist eine professionelle Begleitung des Gremiums durch Erwachsenen notwendig.

Beteiligungsmöglichkeiten klar kommunizieren

Schon über den gesamten Prozess der Erarbeitung von Beteiligungsstrukturen und auch danach ist eine klare Kommunikation der Beteiligungsmöglichkeiten durch die Erwachsenen an die Kinder und Jugendlichen unerlässlich. Die Kinder und Jugendlichen müssen genau wissen, welche Beteiligungsmöglichkeiten sie haben, zu welchen Themen sie beteiligt werden, welche Beteiligungsformate wann vorgesehen sind und an wen sie sich mit ihren Fragen, Themen, Wünschen und Anregungen wenden können.

Der Prozess selbst sollte partizipativ gestaltet werden. Beteiligung als Querschnittsaufgabe zu verstehen, festzuschreiben und umzusetzen gelingt nur, wenn sowohl aus der Verwaltung, der Politik und von den Kindern und Jugendlichen möglichst vielen an dem Prozess beteiligt sind und ihre Bedürfnisse klar äußern dürfen und diese in das Ergebnis einfließen.

Mein Fazit

Projektbezogene Kinder- und Jugendbeteiligung hat Vor- und Nachteile, so wie auch andere Formen der Beteiligung Vor- und Nachteile haben. Wichtig ist es in meinen Augen, vor Ort genau zu schauen, was für eine Beteiligungsform für welches Thema passt. In den meisten Kommunen entwickelt sich mit der Zeit eine bunte Mischung aus unterschiedlichen Beteiligungsformen, die miteinander kombiniert werden.

Die wichtigste Grundlage für die Entwicklung einer funktionierenden und nachhaltigen Struktur und Kultur für Kinder- und Jugendbeteiligung ist die wertschätzende und offene Kommunikation alle Beteiligten miteinander. Dann braucht es manchmal gar keine großartige Beteiligungsform, es reicht dann ein gemeinsames Gespräch bei Pizza und Kaltgetränk, um sich über die Ideen zu einem bestimmten Thema auszutauschen.

Bei dir steht gerade ein Beteiligungsprojekt an und du benötigst Unterstützung? Du möchtest dich mit deiner Kommune auf den Weg zur strukturellen Verankerung von Kinder- und Jugendbeteiligung machen?

 Dann nimm hier Kontakt zu mir auf für deine offenen Fragen.

*Hinweis zur gendergerechten Schriftform: Ich möchte mit meinem Text grundsätzlich alle ansprechen, unabhängig von Geschlecht und sexueller Orientierung. Ich habe jedoch für mich noch keine Schriftform gefunden, die den Lesefluss nicht unterbricht.

Wer ich bin und was ich mache

Ich bin Gönna Hartmann, verheiratet, zwei Töchter und komme aus dem schönen Schleswig-Holstein. Schleswig-Holstein ist mit seiner Lage zwischen Nord- und Ostsee, Dänemark und Hamburg nicht nur sehr schön, wir sind auch ein Vorreiter in der Kinder- und Jugendbeteiligung. Das brachte mir die Chance, schon während meines Studiums der Sozialpädagogik an der FH-Kiel an verschiedenen Modellprojekten mitzuwirken.

Inzwischen bin ich seit über 13 Jahren freiberuflich in ganz Deutschland unterwegs, habe eine Ausbildung zur Trainerin und eine Ausbildung zur Moderatorin für Kinder- und Jugendbeteiligung gemacht und unterstütze Kommunen und Einrichtungen bei der Umsetzung von Kinder- und Jugendbeteiligung.

mehr zu meinen Leistungen findest du hier!

*Hinweis zur gendergerechten Schriftform: Ich möchte mit meinem Text grundsätzlich alle ansprechen, unabhängig von Geschlecht und sexueller Orientierung. Ich habe jedoch für mich noch keine Schriftform gefunden, die den Lesefluss nicht unterbricht.

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